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... aus der aktuellen Rechtsprechung ...

BGH-Urteil: Schwiegerkind gegen Schwiegervater - Familiensache oder Zivilsache?

In einem aktuellen Beschluss hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine wegweisende Entscheidung zur Abgrenzung von Familiensachen und allgemeinen Zivilsachen getroffen. Der Fall, der vor dem 12. Zivilsenat des BGH verhandelt wurde, drehte sich um eine anfechtungsrechtliche Streitigkeit zwischen einem Schwiegerkind und seinem Schwiegervater. Das Urteil könnte weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Fälle haben.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, der von seiner Ehefrau seit 2015 geschieden ist, hatte gegen seinen Schwiegervater geklagt. Er warf seiner Ex-Frau vor, Vermögenswerte auf ihren Vater übertragen zu haben, um die Zwangsvollstreckung von Unterhaltsansprüchen zu vereiteln. Der Kläger forderte Auskunft und Rechnungslegung über die Geschäftstätigkeit des Schwiegervaters sowie Wertersatz.

Die Entscheidung

Das Landgericht hatte den Fall an das Familiengericht verwiesen, was der Kläger nicht akzeptieren wollte. Das Kammergericht Berlin bestätigte jedoch die Entscheidung des Landgerichts, und der BGH wies die Rechtsbeschwerde des Klägers zurück. Der BGH stellte klar, dass es sich bei der Streitigkeit um eine "sonstige Familiensache" im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handelt. Diese Entscheidung basiert auf dem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang der Ansprüche mit der Scheidung des Klägers.

Bedeutung des Urteils

Der BGH betonte, dass der Gesetzgeber den Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte mit § 266 FamFG bewusst erweitert hat. Ziel ist es, alle Rechtsstreitigkeiten, die in engem Zusammenhang mit der Auflösung einer Ehe stehen, bei den Familiengerichten zu konzentrieren. Dies gilt auch dann, wenn die Ansprüche nicht direkt aus der Ehe herrühren, solange ein wesentlicher Zusammenhang besteht.

Fazit

Dieses Urteil verdeutlicht die Tendenz, familienrechtliche Streitigkeiten umfassend bei den Familiengerichten zu behandeln. Es unterstreicht die Bedeutung der sachlichen Nähe und des zeitlichen Zusammenhangs bei der Zuständigkeitsbestimmung. Für Betroffene bedeutet dies, dass auch anfechtungsrechtliche Streitigkeiten, die im Kontext einer Scheidung stehen, vor den Familiengerichten verhandelt werden können.

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Bundesgerichtshof hebt Urteil im Arzthaftungsprozess auf: Verletzung des rechtlichen Gehörs festgestellt

Karlsruhe, 2. Juli 2024 – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem bedeutenden Arzthaftungsprozess das Urteil des Oberlandesgerichts Celle aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Grund für die Entscheidung war eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Kläger, die schwere Behandlungsfehler bei der Geburt ihres Kindes geltend gemacht hatten.

Hintergrund des Falls

Die Kläger, Eltern eines wenige Tage nach der Geburt verstorbenen Kindes, werfen dem Krankenhaus und den behandelnden Ärzten vor, bei der Geburt und der anschließenden kinderärztlichen Behandlung gravierende Fehler gemacht zu haben. Insbesondere kritisieren sie, dass geburtseinleitende Maßnahmen zu spät begonnen und die Indikation für einen Kaiserschnitt zu spät gestellt wurden. Die Mutter hatte sich nach einem vorzeitigen Blasensprung in das Krankenhaus begeben, wo die Geburt erst nach über 30 Stunden durch einen Kaiserschnitt beendet wurde.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH stellte fest, dass das Oberlandesgericht Celle den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt hat. Das Berufungsgericht hatte die Einwände der Kläger gegen das Sachverständigengutachten zurückgewiesen, ohne den Sachverständigen erneut anzuhören. Die Kläger hatten sich auf ein Lehrbuch berufen, das bei vorzeitigem Blasensprung und Streptokokkenbesiedlung ein abwartendes Geburtsmanagement als problematisch darstellt.

Begründung des Gerichts

Der BGH betonte, dass ein Gericht bei der Beurteilung fachlicher Fragen nicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten darf, es sei denn, es verfügt über eigene besondere Sachkunde. Zudem muss das Gericht den Parteien einen entsprechenden Hinweis geben, wenn es eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will. Da das Berufungsgericht diese Anforderungen nicht erfüllte, wurde das Urteil aufgehoben.

Ausblick

Der Fall wird nun erneut vor dem Oberlandesgericht verhandelt. Der BGH hat klargestellt, dass die Gehörsverletzung entscheidungserheblich war, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht nach einer ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs in Gerichtsverfahren und die Notwendigkeit, fachliche Fragen durch Sachverständige klären zu lassen, um faire und fundierte Urteile zu gewährleisten.


 

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OLG Köln bestätigt Urteil: Keine Haftung für Behandlungsfehler bei Geburt

Köln, 15. Mai 2024 – Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat die Berufung eines Klägers abgewiesen, der Schadensersatz wegen angeblicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler bei seiner Geburt im Jahr 2019 gefordert hatte. Der Kläger, der bei seiner Geburt gesundheitliche Komplikationen erlitt, machte geltend, dass ein Kaiserschnitt hätte durchgeführt werden müssen, um die Risiken zu minimieren.

Hintergrund des Falls

Der Kläger wurde im April 2019 in einem Krankenhaus geboren, das bereits die Geburt seiner älteren Schwester betreut hatte. Die Mutter des Klägers hatte bei der Geburt  der Schwester traumatische Erfahrungen gemacht und äußerte den Wunsch nach einem Kaiserschnitt. Dennoch wurde die Geburt des Klägers vaginal durchgeführt, was zu Komplikationen führte, darunter eine Schulterdystokie und eine Zwerchfelllähmung.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln bestätigte das Urteil der Vorinstanz, des Landgerichts Aachen, und wies die Berufung des Klägers zurück. Das Gericht stellte fest, dass keine medizinische  Indikation für einen Kaiserschnitt vorlag und die vaginale Entbindung den medizinischen Standards entsprach. Der Sachverständige im Verfahren hatte ausgeführt, dass die Risikofaktoren, wie das Geburtsgewicht und die Adipositas der Mutter, keinen Kaiserschnitt erforderlich machten.

Aufklärung und Medikamenteneinsatz

Das Gericht sah auch keine Versäumnisse in der Aufklärung über die Geburtseinleitung mit dem Medikament Cytotec. Die Mutter des Klägers war über den Off-Label-Use des Medikaments informiert worden und hatte in die Einnahme eingewilligt. Ein Zusammenhang zwischen der Gabe von Cytotec und den aufgetretenen Komplikationen wurde ausgeschlossen.

Kein ausdrücklicher Wunsch nach Kaiserschnitt

Das OLG Köln stellte fest, dass die Mutter des Klägers keinen ausdrücklichen Wunsch nach einem Kaiserschnitt geäußert hatte, der eine Aufklärungspflicht über die Risiken eines Wahlkaiserschnitts ausgelöst hätte. Die Dokumentation des Krankenhauses und die Aussagen der Mutter ließen keinen solchen Wunsch erkennen.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln unterstreicht die Bedeutung der medizinischen Indikation bei der Entscheidung über den Geburtsmodus und die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation zwischen Patientin und medizinischem Personal.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da die entscheidungserheblichen Fragen als Einzelfallfragen bewertet wurden.


 

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Gerichtsurteil: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg bestätigt Schmerzensgeld in Millionenhöhe

Hamburg, 5. September 2024 – Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in einem wegweisenden Urteil die Berufung zweier Beklagter abgewiesen und ein Schmerzensgeld von insgesamt 800.000 Euro bestätigt. Der Fall betrifft einen schwerwiegenden Behandlungsfehler bei der Geburt eines Kindes, der zu lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, der bei seiner Geburt durch Behandlungsfehler schwer geschädigt wurde, hatte das Krankenhaus und die betreuende Hebamme verklagt. Die Vorwürfe umfassten unter anderem das Versäumnis, rechtzeitig einen Facharzt hinzuzuziehen und die Herzfrequenz des Neugeborenen kontinuierlich zu überwachen. Diese Versäumnisse führten zu einer schweren hypoxisch-ischämischen Encephalopathie, einer Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel.

Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz, das Landgericht Hamburg, und wies die Berufung der Beklagten zurück. Beide Beklagte, das Krankenhaus und die Hebamme, wurden als gesamtschuldnerisch haftend erklärt. Das bedeutet, dass sie gemeinsam für die Zahlung des Schmerzensgeldes verantwortlich sind.

Schmerzensgeld und weitere Ansprüche

Der Kläger erhält ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro, abzüglich bereits gezahlter 25.000 Euro. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die Beklagten auch für zukünftige materielle und immaterielle Schäden haften, die aus den Behandlungsfehlern resultieren.

Begründung des Urteils

Das Gericht stellte fest, dass die Behandlungsfehler der Beklagten als grob einzustufen sind, was zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Klägers führte. Die Fehler waren geeignet, den eingetretenen Gesundheitsschaden zu verursachen, und es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Schäden bei korrektem Vorgehen hätten vermieden werden können.

Keine Revision zugelassen

Das Gericht ließ keine Revision zu, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung medizinischer Standards und die Verantwortung von Gesundheitseinrichtungen und deren Personal, insbesondere in kritischen Situationen wie der Geburtshilfe.


 

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